Am Freitagabend bebt um genau 18 Uhr die Erde, kurz und heftig.
Derweil in der Stadt eigentlich fast nichts passiert, ist auf Grund geologischer Besonderheiten ein Schulgebäude am Rand der Stadt etwas mehr betroffen, und der THW OV Rottenburg wird zur Personenrettung angefordert.
Um 19.00 Uhr treten die Helferinnen und Helfer an; wenig später rollen die vier blauen Fahrzeuge (Mannschaftstransportwagen für den Zugtrupp plus die beiden LKWs der Fachgruppen und der Gerätekraftwagen der Bergungsgruppe (B)) mit Blaulicht und Martinshorn vom Hof, erreichen recht zügig den Kreisverkehr am Eugen-Bolz-Platz und biegen dann in die Weggentalstraße ein.
Wenig später hört der Hausmeister der betroffenen Schule das verheißungsvolle Röhren der Daimler- und MAN-Dieselmotoren und sieht unsere Kolonne den Kreuzweg Richtung Weggentalkirche nehmen.
Vor Ort erfährt der Zugführer, dass es mehrere Personen sind, die an verschiedenen Orten vermisst werden, und dass der Einsatz durchaus noch mehr Brisanz zu bieten hat. Vermisst werden jeweils ein bis zwei Personen im Bereich
- des Chemikalienlagers im Untergeschoss der Gemeinschaftsschule
- der Grundschule.
Chemikalienlager ist hier ein Schlüsselwort und bedeutet neben den üblichen Gefahren der Rettung und Bergung "Atemgift" und "Ausbreitung" (für Vorgebildete: Vgl. 5abcd5e-Schema). Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass die Treppen im Bereich der Grundschule eingestürzt sind. Unter Chemikalienlager verbirgt sich der ehemalige, recht voluminöse Schutzraum im Keller des Gebäudes.
Die Aufgaben sind schnell verteilt. Ein Teil (hier: Fachgruppe Elektroversorgung (E)) schnappt sich entsprechende Ausrüstung und übernimmt Suche und Rettung in der Grundschule. Ein anderer Teil (hier Bergung und Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen (WP)) schnappt sich die Atemschutzgeräte und geht Richtung Bunker, wo dichter und aus den Lüftungsschlitzen dringender Nebel die Atmung und Sicht erschwert.
Derweil die E im Atrium der Grundschule einen der schreienden Vermissten bald aufspürt, die Steckleiter anlegt, und der Zugtrupp koordiniert, sind die Männer und Frauen aus B und WP damit beschäftigt die dicke Stahltüre am Schutzraum zu öffnen. Furchtbare Schreie dringen an die Ohren. Aus zerbrochenen Gefäßen dringt entsetzlicher Gestank, und der Nebel im Schutzraum ist nochmals um ein Vielfaches dichter als draußen auf dem Gang.
Einer der Vermissten ist rasch gefunden und nicht gehfähig. Zwei Helfer legen das Rettungstuch an und transportieren den Schwerverletzten aus dem Schutzraum über die Treppen und Gänge nach außen in Sicherheit.
Zum Glück ist der Verletzte ansprechbar, und sagt, dass noch eine zweite Person im Bunker liegt. Die Helfer müssen nochmals rein, derweil die E ihren Fund bereits gerettet hat. Dieses Mal dringen aus dem Bunker keine Schreie, die das Auffinden erleichtern, und die Atemschutzgeräteträger (AGTler) müssen sich auf Ihre Augen verlassen. Kein einfaches Unterfangen bei schlechter Sicht. Es dauert ein wenig, ehe der zweite Vermisste im Bunker gefunden ist, und die kräftezehrende Prozedur beginnt erneut...
So sah für die Helfer vom THW OV Rottenburg der Freitagabend aus.
Und: Die Übungsleitung hatte sich sehr in's Zeug gelegt. Einmal mit der Wahl des Übungsortes - die Carl-Joseph-Leiprecht-Schule ist ein Gebäude, dass es in sich hat - viele Treppen und Gänge, eine nicht ganz einfache Anfahrt für Rettungsfahrzeuge, und als Zugabe der ehemalige Schutzraum. Weiter mimten drei Laiendarsteller aus der Grundausbildung die vermissten Personen, d.h. auf den Einsatz von Puppen wurde teilweise verzichtet.
Nach der Rettung gab es noch "Manöverkritik" vom Zugführer. Es wurde noch zusammengeräumt, um dann bei guter Stimmung und Pizza in der Unterkunft die Einsatzbereitschaft wiederherzustellen.
Ein herzlicher Dank geht an die Leitung der Carl-Joseph-Leiprecht-Schule für die Bereitstellung der Räumlichkeiten für die Übung.
Text und Redaktion Text: David-Samuel Burkhardt, Alexander Neubauer und Claus Keller; Bilder: Fabian Schlimper